Problemorientierte Gruppenarbeit mit Sexualstraftätern im Rahmen der Bewährungshilfe
Über uns:
Wir sind
Dipl.-Sozialarbeiter mit unterschiedlichen Zusatzqualifikationen.
H. Knepper ist
zusätzlich Supervisor, hat eine Ausbildung in problemorientierter Gruppenarbeit
sowie im Bereich Sozialmanagement und Fortbildungen im Bereich der
Familientherapie sowie über Arbeit mit Sexualstraftätern.
M. Küster hat
Fortbildungen im Bereich der Familientherapie sowie Arbeit mit
Sexualstraftätern.
Wir sind seit 21
Jahren (M. Küster) bzw. seit 23 Jahren (H. Knepper) als Bewährungshelfer tätig.
Zur Zeit arbeitet M.
Küster als Bewährungshelferin in Neuss und H. Knepper als Bewährungshelfer in
Solingen.
Seit vielen Jahren
beschäftigen wir uns mit dem Problemkreis Sexualstraftaten und Umgang mit den
Tätern. Zum einen durch eigene Fortbildung und zum anderen als
Bewährungshelfer, die mit den Tätern konfrontiert sind.
Als Bewährungshelfer
mussten wir immer wieder feststellen, dass es für den Täterkreis der
Sexualstraftäter kaum Therapie- bzw. Behandlungsmöglichkeiten gibt.
Aus diesem Grund
haben wir uns entschlossen im Rahmen unserer Tätigkeit zumindest eine
problemorientierte Gruppe anzubieten.
Hieraus könnte sich
für einen Täter die Motivation entwickeln, eine weitergehende Behandlung
durchzuführen.
Bei dieser Konzeption
orientieren wir uns an dem Konzept der Beratungsstelle Gewalt in Familien des
Diakonischen Werkes Düsseldorf. (Arbeit mit sexuellen Mißhandlern, W. Brück).
In dieser Abhandlung
finden wir grundsätzliche Aussagen, die auch unserer Vorstellung und unserem
Wissensstand in der Arbeit mit Sexualstraftätern entsprechen. Daher haben wir
wesentliche Passagen übernommen und z.T. für unser Arbeitsfeld modifiziert.
·
Wir gehen davon aus,
dass der Täter nicht krank sondern selbstverantwortlich für seine Taten ist.
·
Täter sind in der
Regel Männer, daher wollen wir eine Tätergruppe einrichten.
·
Unser Angebot richtet
sich an Männer, die im Rahmen der Bewährungshilfe betreut werden.
·
Wir verstehen die
Täterarbeit als Opferschutz.
·
Sowohl der
Bewährungshelfer als auch das Gericht wird über die regelmäßige Teilnahme
informiert. Ebenso über die inhaltliche Teilnahme in der Form, dass Mitteilung
darüber gemacht wird, ob der Täter sich mit seiner Straftat auseinandersetzt
oder lediglich körperlich anwesend ist.
·
Männer mit aktuellen
psychischen Erkrankungen sind von der Teilnahme an der Gruppe ausgeschlossen,
ebenso Männer die offensichtlich nicht in der Lage sind wegen mangelnder
Intelligenz dem Gruppengeschehen zu folgen.
·
Aktuelle Rückfalle
werden mitgeteilt. Bewährungshelfer, Gericht.
·
Allein die Aussetzung
der Vollstreckung des Restes oder der gesamten Freiheitsstrafe, bedeutet nicht,
dass der Täter seine Tat bearbeitet hat und schon durch Urteil oder
Strafverbüßung von weiteren Straftaten in diesem Bereich abgehalten wird.
Sexualstraftäter,
sexuelle Misshandler sind in erster Linie Männer, aus diesem Grund wenden wir
uns mit unserem Angebot an Männer.
Wir gehen davon aus,
dass es kein spezifisches Persönlichkeitsmerkmal gibt, an denen man sie
erkennen könnte.
Der Täter kann aus
allen Schichten kommen.
Unsere Grundannahme
ist, dass sexuelle Missbraucher es meisterhaft verstehen, ein perfektes
Doppellleben zu führen.
Neben ihrer
freundlichen und zugewandten Seite z.B. als Ehemann, Familienvater existiert
eine brutale, misshandelnde, verletzende Seite, die verleugnet, bagatellisiert
und minimalisiert wird. Diese Seite wirkt oft abgespalten in der Persönlichkeit
des Täters und wird oftmals auch vor sich selbst verleugnet. Dies gipfelt oft
in der Aussage: „Ich muss es gewesen sein, aber ich war es nicht.“
Unsere Annahme ist,
dass die Täter schlechte Problemlöser sind. D.h., dass die Tat für sie eine
Möglichkeit ist Frustration, Wut, Trauer, Hass, Einsamkeit, Mangel an
Selbstwert für einen Moment loszuwerden. Die eigentlichen Probleme, die diese
Gefühle ausgelöst haben werden nicht behoben, sondern durch die Tat des
sexuellen Missbrauchs wird eine Scheinlösung geschaffen– ähnlich wie bei einem
Alkohol- oder Drogenabhängigen.
Sexualstraftäter z.B.
bei sexuellem Missbrauch von Kindern leben in einem Kreislauf von
·
Sexuellen Phantasien
über Sex mit Kindern
·
Überwinden von
Hemmungen
·
Vorbereiten der Tat
und der Manipulation des Opfers und seiner Umgebung
·
Tatdurchführung
·
Aufkommen von
Schuldgefühlen
·
Verdrängung und
Leugnung von Schuldgefühlen
·
Erneute sexuelle
Phantasien und erneute Vorbereitung der Tat.
Wir zielen mit
unserem Angebot darauf, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Wie eingangs erwähnt,
gibt es kein spezifisches Persönlichkeitsmerkmal, dass darauf hindeutet, dass
jemand zum Sexualstraftäter wird. In der einschlägigen Fachliteratur (Faller,
Finkelhor, Bullens) wird von beitragenden und notwendigen Faktoren gesprochen.
Beitragende Faktoren bei sex. Missbrauch von Kindern:
·
Eigener sexueller
Missbrauch oder schwere körperliche oder seelische Misshandlung
·
Machtverhältnis
Mann/Frau/Kinder
·
Mangel an
Impulskontrolle
·
Faktoren auf Seiten
des Kindes:
ein einmal missbrauchtes Kind hat ein höheres Risiko, noch einmal missbraucht
zu werden
·
Umgebung ist nicht
schutzgebend bzw. nicht verfügbar
Absolut notwendige Faktoren:
·
Sexuelle Phantasien
über Kinder
·
Hemmungen überwinden
(Intern und Extern)
·
Planung und Aufsuchen
von Hochrisikosituationen
·
Ausagieren der
Gefühle und Phantasien
Der Täter hat nach
unserer Auffassung die alleinige Verantwortung für die Tat. Er hätte jederzeit
eine andere Entscheidung als die zur Tat treffen können, denn er muss vier
Vorbedingungen erfüllen um tatsächlich zu misshandeln:
1. Motivation für die Tat
2. Überwindung der inneren Hemmung
3. Überwindung der externen Hemmung
4. Überwindung des Widerstands des Opfers.
Wie erwähnt soll der
Misshandlungszyklus durchbrochen werden.
Der Täter soll
erkennen, dass er allein für seine Tat verantwortlich ist, dass er jederzeit
sein Verhalten hätte ändern können.
Er soll erkennen,
dass seine Phantasie über das Opfer falsch war, dass er es egoistisch für die
Befriedigung seiner Erregung benutzt hat, dessen Gefühle missachtet und schwer
geschädigt hat.
Der Täter soll lernen
eine adäquate Lösung seiner Probleme zu finden, er soll Risikosituationen
erkennen und vermeiden. Darüber hinaus wollen wir Kenntnisse über Frauen-,
Männer- Kindersexualität vermitteln, um den falschen Phantasien entgegenzuwirken.
Daraus folgt, dass
sich unsere Gruppe beschäftigen wird mit:
1. Misshandlungszyklus
2. Opferempathie (inzwischen nur sehr begrenzt, da wir durch
die Arbeit die Rückmeldung erhalten haben, dass die Täter hiermit „nichts
anfangen können“.)
3. Rückfallprävention
Hier geht es um das
Verständnis des individuellen Zyklus. Der Straftäter soll einen gefühlsmäßigen
Zugang zu diesem Kreislauf bekommen. Er soll erkennen, welche Funktion die
Misshandlung als Scheinlösung zur vorübergehenden Spannungsreduktion hat. Er
soll erkennen, dass er die Tat bewusst plante, dass er dass Opfer und das
Umfeld gezielt manipulierte und dass er seine Hemmungen, die Tat zu begehen,
durch kognitive Verzerrungen beiseite schob.
Hier erarbeitet der
Straftäter, dass er sich bisher in egozentrischer Weise nur um die Befriedigung
seiner Bedürfnisse kümmerte.
Er hat nicht
wahrgenommen, wie das Opfer fühlte bzw. deutete das Verhalten in seinem Sinn
um.
Der Täter soll
lernen, sich in die tatsächlichen Gefühle des Opfers einzufühlen, damit er dass
ganze Ausmaß seiner Tat begreifen kann. Unsere bisherige Erfahrung zeigt, dass
dies allerdings keinen effektiven Opferschutz darzustellen scheint. Die
Auswirkungen auf die eigene Person des Täters erscheinen hier Erfolg
versprechender.
Hier geht es um den
Aufbau spezifischer Kontrollmechanismen:
·
Konditionierung
erwünschter sexueller Erregung
·
Erkennen von
Hochrisikosituatonen
·
Aufbau eines internen
Frühwarnsystems
·
Aufbau eines externen
Hilfsnetzes (Partner, Freunde etc.)
·
Selbsthilfegruppe
Wir wählen die Arbeit
in Gruppen, da wir erwarten, dass in dieser Situation ein „Ausweichen“ des
Täters sehr schwer sein wird. Er ist nicht nur mit uns als professionellen
Gruppenarbeitern konfrontiert, sondern auch mit den Mittätern als „Fachleuten“,
die die Mechanismen des Missbrauchs sehr genau kennen.
Mit der beidgeschlechtlichen
Besetzung in der Gruppenleitung haben wir sowohl den weiblichen als auch den
männlichen Aspekt vertreten.
Maximal sollen 6
Männer an der Gruppe teilnehmen.
Die Arbeit ist konfrontativ gedacht. Das bedeutet, dass wir nicht abwarten werden, welche Themen aus der Gruppe benannt werden, sondern dass ganz klar die o.g. Themenkreise bearbeitet werden sollen.
Vorausetzungen für die Gruppenteilnahme
·
Unterstellung unter
einen Bewährungshelfer.
·
Voraussetzung für die
Teilnahme an der Gruppe ist mindestens ein Teilgeständnis.
·
Keine Hinweise auf
psychotische Erkrankung oder hirnorganische Störung
·
Keine
Suchtmittelabhängigkeit
In mind. einem Vorgespräch wird geklärt, ob der Bewerber in
die Gruppe aufgenommen wird.
Themen dieses
Vorgesprächs sind:
·
Motivationslage des
Täters (selbst- oder fremdmotiviert?)
·
Rahmenbedingungen (in
diesem Zusammenhang erfolgt ein Gespräch gemeinsam mit dem betreuenden
Bewährungshelfer)
·
Stellungnahme des
Täters zur Tat
Die Gruppenarbeit findet
im Rahmen unserer Arbeitszeit statt.