8
Anti-Aggressivitäts-Training ( AAT©)
-
Jugendgerichtshilfe Stadt Ulm
-
Bewährungshilfe beim Landgericht Ulm
1
Gewalttätige Wiederholungstäter sorgen zunehmend für Angst unter Gleichaltrigen und für Verunsicherung der Bevölkerung in ganzen Stadtteilen. – Eine große Herausforderung für Kommune und Justiz.
Strafandrohungen und auch herkömmliche
Methoden der Sozialarbeit zeigen wenig Wirkung und die Hilflosigkeit der
Öffentlichkeit spiegelt sich im allseits hörbaren Ruf nach härterem
Durchgreifen und drastischen Strafen.
Das vorliegende Konzept des
Anti-Aggressivitäts-Trainings und erste Erfolge machen Mut. Eine Mischung aus
menschlicher Nähe und konfrontativer Härte bewirkt Veränderungen von
Verhaltensweisen und Einstellungen. Gewalttätige Jugendliche lernen, sich in
kritischen Situationen beherrscht zu verhalten und keine gewalttätigen
Auseinandersetzungen mehr zu provozieren.
Das Anti-Aggressivitäts-Training in Ulm ist
ein Zeichen für eine beispielhafte Zusammenarbeit zwischen Kommune und Justiz,
die wir nachdrücklich unterstützen.
Zur Bekämpfung von Gewalt und sich
ausbreitender Gewaltbereitschaft sind jedoch alle gesellschaftlichen Kräfte
erforderlich. Familie, Kindergarten und Schule sind Bereiche, in denen
frühzeitig und vorbeugend der Umgang mit Konflikten und Gewalt erlernt werden
muss. Auch hier gilt, dass nur durch Zivilcourage und beherztes Eintreten jedes
Einzelnen das Problem dauerhaft gelöst werden kann. In diesem Sinne appellieren
wir an alle Bürgerinnen und Bürger, nicht weg zu schauen.
Den Verfassern der vorliegenden Konzeption
wünschen wir bei ihrer wichtigen und schwierigen Aufgabe weiterhin viel Erfolg
!
Ulm, November 1999
Vorsitzender
Oberbürgermeister
des Vereins Bewährungs-
2
der Stadt Ulm und Straffälligenhilfe
Ulm e.V.
6
-
Dem AAT© liegt die
Erkenntnis zugrunde, dass gewalttätigen Wiederholungstätern mit den
traditionellen Methoden der Sozialarbeit nicht wirksam geholfen werden kann
-
Gewalttätern wird meist erst sehr spät
entschieden entgegengetreten. Durch verängstigte Reaktionen der Umwelt werden
Aggressive in ihrem Verhalten bestärkt
-
Gewaltbereite Jugendliche brauchen klare
Grenzen. Im AAT© lernen sie die Grenzen anderen zu erkennen
und zu achten.
-
Das AAT© wirkt durch eine
ausgewogene Mischung aus Empathie und Konfrontation. Grundlage ist ein
optimistisches Menschenbild. Nicht die Person als solche wird abgelehnt,
sondern ihre gewalttätigen Handlungen.
-
Das AAT© bewirkt, dass
Gewalttäter sich selbst und die Gefühlswelt ihrer Opfer kennen lernen. Damit wird im Täter erstmals
ein Schamgefühl für seine Tat und Mitleid mit seinem Opfer geweckt. Wenn dies
gelingt verliert der Aggressive den Spaß an der Gewalt und er entwickelt und erprobt
Verhaltensaltennativen.
-
Mit dem AAT© treten wir gewaltbereiten Jugendlichen entschieden entgegen und leisten damit einen
wesentlichen Beitrag zum Schutz potentieller Opfer.
W. Reck
R.
Morath
(Jugendgerichtshelfer) (Bewährungshelfer)
3
-
Das AAT© wird
institutionsübergreifend von der Stadt Ulm (Jugendgerichtshilfe) und dem
Landgericht Ulm (Bewährungshilfe)getragen und durchgeführt .
-
Zusätzliche Personalkosten entstehen nicht, da
das AAT© im Rahmen der bisherigen Arbeitszeit durchgeführt
wird.
-
Die Sachmittel der Kurse von jährlich ca:
8000,-DM teilen sich der Verein für Bewährungs- und Straffälligenhilfe Ulm e.V.
und die Stadt Ulm
Das AAT© richtet sich an
Jugendliche und Heranwachsende aus dem
Stadtgebiet Ulm, sowie an junge Probanden aus dem Zuständigkeitsbereich der
Bewährungshilfe Ulm , die:
-
mehrfach wg. Gewaltdelikten auffällig wurden
-
Gewalt als erfolgreiche Form der
Konfliktlösung sehen
-
Sich häufig und gerne schlagen, also Spaß
haben an Gewalt
-
Einschüchterung und Bedrohung gezielt
einsetzen um Macht über andere auszuüben
-
Nach dem Motto leben „ zuerst schlagen,
dann fragen"
Nicht geeignet für das AAT©
sind:
-
Konflikttäter, die im Affekt eine Gewalttat
begingen
-
Akut Drogen - und Alkoholabhängige
-
Psychisch Kranke
Am AAT© können maximal 6
Jugendliche / Heranwachsende je Training teilnehmen. Jährlich werden zwei
Trainings durchgeführt.
4
Dauer:
Das AAT© erstreckt sich über
6 Monate und findet in 4 Block-
Veranstaltungen von 2 bis 4 Tagen statt. Insgesamt umfasst das AAT© 12 volle Tage. Dazu kommen noch abendliche
Treffen vor, während und nach
dem Kurs.
Ziele:
-
Rechtfertigungen entlarven, eigene Schuld
deutlich machen
-
Verantwortung für Tatfolgen übernehmen
-
Aggressionsauslöser erkennen lernen
-
Ursachen eigener Gewalttätigkeit erkennen und
bearbeiten
-
Mitgefühl für Opfer und Schamgefühle wecken
-
Einhaltung von Regeln und Normen des
Zusammenlebens, Veränderungen durch Gruppendruck
-
Systematische Erweiterung des
Veraltensrepertoires
-
Frustrationstoleranz erhöhen,
Einsteckermentalität fördern
-
Vorausschauendes Handeln trainieren
-
Ausdrucks -und Reflexionsmöglichkeiten
erweitern
-
Verbalisierungsfähigkeit fördern, reden statt
schlagen
-
Neue Fähigkeiten und Ressourcen erkennen
-
Veränderungswünsche benennen
-
Zukunftsplanung in kleinen Schritten
5 Methoden/ Inhalte: -
Biografiearbeit -
Vertrauensübungen -
Einzelinterviews -
„ Heißer Stuhl“ -
Erlebnispädagogik -
Haltungsanalysen -
Übungen zur Körperwahrnehmung -
Opferbriefe -
Provokationstests -
vertiefende Rollenspiele -
psychodramatische Inszenierungen -
konfrontative Körperübungen -
Kosten – Nutzen Analysen -
Zusammenarbeit mit Tutoren (hafterfahrene Ex-Gewalttäter als Gewaltexperten) -
6 bis 12 Monate über Bewährungsaufsicht -
regelmäßige Nachtreffen: "Stammtisch der
Gewaltfreien" -
„ ad- hoc Sitzungen“ der Trainingsgruppe bei
neuen Straftaten -
Vermittlung der Teilnehmer in „pro-soziale“
Einsatzfelder Erfolgskontrolle -
Wissenschaftliche Begleitung durch das ISS (
Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik ) Frankfurt/Main. -
Testpsychologische Untersuchung im pre- Test
und post- Test Verfahren durch den
Fragebogen zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren (FAF) -
Begleitung der Entwicklung im Rahmen der
Bewährungsaufsicht -
Nachforschungen im sozialen Umfeld der
Teilnehmer (Familie, Freizeit, Schule, Arbeit etc.) zu Verhaltensänderungen
nach dem AAT© -
Interviews mit Teilnehmern aus der
Retrospektive
7 ........ dann: W. Reck 0731 /
161 5422 R. Morath 0731 /
189 2085
Nachbetreuung